Zum U20-Mannschaftskampf gegen Raesfeld/Erle vom vergangenen Sonntag erreichten uns zwei ausführliche Berichte. Zum einen vom Mannschaftsführer unserer Jugend-Bundesliga-Mannschaft Leo Evers, zum anderen vom Jugendwart der Kölner Schachjugend (und gleichzeitig Vereinsmitglied der SG Porz) Jeffrey Paulus. Auch wenn sie sich in einigen Punkten ‚überschneiden‘, kann man doch den einen oder anderen Unterschied in den Beurteilungen der Partie-Verläufe oder den unterschiedlichen Gefühlslagen der beiden Autoren während des Mannschaftskampfs erkennen.
Viel Spaß beim Lesen!
Ersatzgeschwächtes U20-Jugend-BL-Team gewinnt glücklich gegen Raesfeld
(Leo Evers)
Dieser U20-JBL-Wettkampf war nichts für schwache Nerven. Wir hätten ihn ohne weiteres mit 6-2 oder so verlieren können. Am Ende stand es tatsächlich aber 5-3 für uns, gegen die nominell schwächste Mannschaft der Liga. Allerdings hatten wir zahlreiche Ausfälle zu verkraften, von den acht Stammspielern konnten nur drei antreten.
Zum Geschehen:
Kathrin Sewald (Brett 8) gewinnt in der Eröffnung einen Bauern und tauscht weiter herunter, bis jeder nur noch 3 Leichtfiguren und 6 gegen 5 Bauern hat. Beide spielen sehr schnell…Dann greift der Gegner einen ihrer ungedeckten weißen Läufer auf d8 mit einem Zug …Sc6 an. Antwort von Kathrin war „h2-h3“ und der Gegner nimmt den Läufer natürlich einfach weg und steht glatt auf Gewinn. Oups!!
Luca Suvorov (Brett 6) hat mit Weiß im Damengambit Abtausch die Stellung völlig misshandelt und verliert noch in der Eröffnung die Qualität (ein von schwarzem Lb4 gefesselter weißer Sd2 konnte nur mit D+T verteidigt werden, während Schwarz mit zwei Leichtfiguren angreift). Sieht nach Verluststellung Nummer 2 aus.
Florian Spindler (Brett 5) hat derweil den Alapin-Sizilianer seines Gegners suboptimal behandelt und gerät von der Eröffnung weg unter starken Druck. Glücklicherweise sieht der Gegner die beste Fortsetzung nicht und wickelt schließlich in eine erzwungene Zugwiederholung ab. Das erste Remis des Tages.
Bei Kathrin wird der (DWZ-lose) Gegner immer nervöser und Kathrin sammelt nach und nach weitere Bauern ein, die sich schließlich im Endspiel als besser als die Mehrfigur erweisen – 1,5 zu 0,5 für uns. Unglaublich.
Luca kämpft tapfer weiter mit Minusqualität…
Xianliang Xu (Brett 2) spielt ein klassisches Königsspringergambit und setzt das Brett in Flammen, als gäbe es kein morgen. Strategie nein danke, nur das Matt zählt. Nach sage und schreibe 13 Zügen gerät der so angesprungene Gegner bereits in Zeitnot (etwa 6 Minuten für 27 Züge – meine Güte!), um den 20. Zug herum beginnt die Decke über dem Brett zu kokeln, während Schwarz in Zeitnot an einem Mattnetz bastelt. Betont langsam wehrt Xianliang mit etwa 1:20 Stunde Zeitvorsprung den Mattangriff ab, und in Zeitnot übersieht sein Gegner ein Matt gegen sich. Der Begriff „schwindelig spielen“ muss nach dieser Partie neu definiert werden. Dieser Punkt war mal verdient. 2,5 – 0,5 für Porz.
Alex Suvorov (Brett 7) gleicht mit Schwarz schnell aus, opfert dann einen Bauern und geht zum Angriff über. Doch der Gegner verteidigt ideenreich und rettet den Bauern in ein Springer gegen Läufer – Endspiel. Das riecht verdächtig nach Niederlage für Alex.
Sein Bruder Luca hat noch immer eine Qualität (gegen 1 Bauern) weniger…könnte heute eine kurze Suvorov-Rochade (0-0) werden…
Frederik Eigemann (Brett 3) spielt mit Schwarz einen sehr strategisch betonten Franzosen, was seinen Gegner ebenfalls zu sehr langem Nachdenken veranlasst. Nach etwa 33 Zügen lanciert Weiß einen gefährlichen Angriff, hat aber nur noch 150 Sekunden auf der Uhr. Frederik bietet schlau remis, sein Gegenüber denkt zwei Minuten darüber nach und muss dann annehmen, weil ihm die Zeit sonst wegläuft. Fragt mich nicht, wer am Ende besser stand. 3-1 für uns, aber einige Partien stehen verdächtig und noch ist der Mannschaftssieg nicht in trockenen Tüchern.
Christian Rahmen (Brett 4) hat mit Fabian Hoffmann als einziger einen nominell deutlich stärkeren Gegner. Auf dem Brett eine katalanische Stellung, die immer verwickelter wird – schließlich gewinnt Fabian die Qualität und erzwingt den Damentausch, so dass es keine Rettung mehr gibt – die erste Porzer Niederlage des Tages. Es sollte (zu diesem Zeitpunkt hätte ich dagegen gewettet) tatsächlich unsere einzige bleiben. Nur noch 3-2 für Porz.
Luca spielt weiter mit Turm-Läufer gegen Turm-Turm, zentralisiert seinen König und setzt seine inzwischen vorhandenen Freibauern in Bewegung. Trotz Qualitätsvorsprung ist Schwarz machtlos. Dieser weiße Läufer auf d4 thront wie eine Krake mit vier Armen im Zentrum. Allmählich wird klar, dass die Stellung zu unseren Gunsten kippt.
Carlo Pauly (Brett 1) hat sich ein-ge-igelt, und läßt den Gegner kommen. Der erste Ansturm kann abgewehrt werden, aber dennoch war ich mir nicht sicher, wie das ausgehen würde. Aber schließlich beendet der Igel vorzeitig seinen Winterschlaf und setzt in der 2.Halbzeit zum Gegenangriff an. Erfindungsreich schafft es Niklas Borutta, das Matt abzuwehren und in ein (allerdings schlechtes) Turmendspiel abzuwickeln. Aber da Luca mittlerweile auf Gewinn steht, sieht Carlo von einer stundenlangen Massage des Gegners ab und bietet (nach einem Hinweis meinerseits, dass das jetzt zum Mannschaftssieg reichen sollte) remis. Ein kleines Geschenk, aber schließlich ist ja bald Weihnachten, warum also nicht. 3,5-2,5.
Alex Suvorov (Brett 7) erobert tatsächlich sehenswert den gegnerischen Springer, büßt aber mehrere Bauern dafür ein und erhält am Ende ein (verlorenes) Endspiel mit Läufer gegen drei verbundene Freibauern. Doch dann kommt Fortuna unserem Alex zu Hilfe, durch ungenaue Bauernzüge des Gegners kann er alle Freibauern aufhalten und eine uneinnehmbare Festung errichten. Die Stellung ist doch noch remis geworden, na so was! 4 zu 3 für uns!
Mittlerweile dominiert Luca (noch immer mit Qualitätsminus, aber dieser Läufer ist einfach toll!) das Zentrum und damit den Gegner fast nach Belieben. Kurz vor der Umwandlung des ersten Freibauern wirft sein Gegner das Handtuch. Wer hätte das nach der Eröffnung gedacht? 5 zu 3 (oder 18-14 nach der Drei-Punkte-Regel). Statt einer Doppel-Null doch 1,5 aus 2 – die Suvorov-Zwillinge avancieren zu den Helden des Tages.
Obwohl es zwischenzeitlich sehr danach aussah, als würden unsere drei Ersatzspieler allesamt verlieren, trugen sie schließlich doch mit 2,5 aus 3 entscheidend zum (sehr glücklichen) Sieg der Mannschaft bei.
Beim nächsten Wettkampf der Jugend-Bundesliga werden die beiden einzigen verlustpunktfreien Teams von Solingen und Porz aufeinander treffen – vielleicht schon eine kleine Vorentscheidung für die Meisterschaft. Um in Solingen zu bestehen, werden wir uns aber wohl steigern müssen.
Stark ersatzgeschwächte 1. U20 quält sich zu 18-14 (5:3)-Erfolg gegen Aufsteiger Raesfeld
(Jeffrey Paulus)
Nach der Sportlerehrung im Bezirksrathaus (ein Bericht hierzu folgt in den nächsten Tagen) ging es für einige der Geehrten direkt wieder ans Brett – die 2. Runde der Jugendbundesliga West gegen Aufsteiger Turm Raesfeld/Erle stand auf dem Programm. Vorneweg sei hier noch einmal unseren Gegnern aus Raesfeld herzlich für ihr Entgegenkommen gedankt, da auf Grund der Sportlerehrung ein Spielbeginn um 11:00 Uhr, wie sonst üblich, nicht möglich war und der Kampf daher erst um 13:30 Uhr angepfiffen wurde.
Die Porzer Mannschaft war in diesem Kampf jedoch extrem ersatzgeschwächt – die etatmäßigen Bretter 3 bis 5 sowie 7 und 8 hatten im Vorfeld abgesagt – sodass unsere Youngster Luca und Alexander Suvorov an Brett 6 und 7 kämpfen mussten und unser großes Talent bei den Mädchen, Kathrin Sewald, an Brett 8 die Mannschaft komplettierte. Die Gegner aus Raesfeld hatten allerdings auch leichte Probleme, hier fehlten die Stammbretter 6 und 7. Insgesamt waren wir trotz der Ersatzgestellung vom Papier her jedoch leichter Favorit – doch der Kampfverlauf war nicht so angenehm, wie man das erhoffen konnte.
In der ersten Spielstunde passierte noch nicht allzu viel, lediglich Xianliangs Gegner fiel durch exzessiven Zeitverbrauch schon nach fünf Zügen auf – er vergrub sich dort sage und schreibe 47 Minuten in die Stellung! Optimisten konnten dies vielleicht schon als erstes gutes Zeichen deuten – doch währenddessen wurde an Brett 8 im Schnellschachtempo gespielt, und plötzlich parkte Kathrin im Leichtfigurenendspiel einzügig einen Läufer weg, bei Luca zeichnete sich der Verlust einer Qualität ab, und Florian stand auch ein wenig luftig mit seinem König in der Mitte herum – zum Glück waren die Damen schon vom Brett! Es sah zu diesem Zeitpunkt nicht so wirklich gut aus… doch dann die erste unerwartete Wendung, Kathrins Gegner misshandelte das Endspiel mit Mehrfigur so gründlich dass sie plötzlich drei Bauern für einen Springer hatte, darunter zwei verbundene entfernte Freibauern. Die tapferen Bübchen schubste sie dann souverän Richtung gegnerischer Grundreihe und gewann kurz darauf glücklich diese Partie. Uns sollte es recht sein, ein „dreckiges“ 1:0 ist besser als andersherum 😉
Nach anderthalb Stunden konnte Florian seine anrüchige Stellung so weit konsolidieren, dass der Gegner eine dreimalige Stellungswiederholung anbot. Florian reichte zufrieden das Pfötchen herüber, der Zwischenstand von 1,5:0,5 war jedoch trotzdem nicht allzu beruhigend – Luca spielte ein Mittelspiel mit Qualität weniger, und Frederik stand auf einmal auch ziemlich bewegungsunfähig herum. Es passierte dann lange nichts – Xianliangs Gegner kam nach gut 2,5 Stunden nach seinem hohen Zeitverbrauch zu Beginn der Partie in horrende Zeitnot – wenn man dann auch noch eine hochtaktische Stellung auf dem Brett hat, ist Xianliang in seinem Element. Er machte kurzen Prozess und setzte den Gegner im 23. Zug matt – allerdings hatte der Gegner da auch nur noch eine Minute bis zur Zeitkontrolle und schon etwa zwei Klötze weniger… 2,5:0,5 also. Doch Raesfeld gab sich nicht auf – die Zeitnotphase reifte so langsam heran.
Frederiks Gegner opferte eine Figur für mörderisch aussehenden Königsangriff. Andererseits schien der Gegner dann doch plötzlich Angst vor der eigenen Courage zu bekommen und willigte in Frederiks (gut getimed!) Remisangebot ein. Während der Zeitnot dann das übliche Chaos. Am Spitzenbrett hat Carlo plötzlich einen Läufer weniger, jedoch genug Gegenspiel und Mattangriff, dass der Gegner die Figur zurück spucken muss. Nachdem der Nebel sich lichtete, hatte Carlo ein remisliches Turmendspiel mit Mehrbauer auf dem Brett. Nach Kneten war ihm heute aber nicht so zumute, und mit Blick auf die anderen Bretter wurde auch hier die Friedenspfeife geraucht. Allerdings wäre das fast zu früh gewesen… Luca stand zwar mittlerweile trotz Qualität weniger aufgrund starker Freibauern ganz ordentlich, doch Alex hatte ein Leichtfigurenendspiel mit Minusbauer zu verteidigen und Christian, der an Brett 4 gegen Fabian Hoffmann sogar Außenseiter war, spielte groß auf, stellte jedoch in der Zeitnot in unübersichtlicher Stellung eine Figur ein und musste kurz darauf aufgeben – plötzlich stand es nur noch 3,5:2,5!
Die Jüngsten mussten es also richten. Alex packte eine grandiose Idee aus – er fing einfach mal des Gegners Springer, allerdings bekam der Gegner dafür einen sehr aktiven König und viele Freibauern, doch sein Bruder Luca spielte das Endspiel trotz Qualität weniger souverän herunter und schob seine Freibauern immer weiter vorwärts. Alex hingegen verlor auch seine letzten Bauern und musste den verbliebenen Läufer in der Ecke auf a8 parken, damit ein Bauer nicht den letzten Schritt Richtung Umwandlung tut. Der Gegner hatte nur leider auch noch einen b- und einen c-Bauern, und der König war leider auch in der Nähe – die Stellung war objektiv total verloren. Alex versuchte eine Abfangstellung mit König auf c8 und Läufer auf a8 einzunehmen, doch der Gegner konnte seinen Bauern forciert nach c6 bringen, sodass der Läufer keine Tempozüge mehr machen konnte. Genau in dem Moment, wo der Gegner Alex mit einem Bauernzug des dritten Bauern nach b6 in Zugzwang hätte bringen können und damit die Entscheidung herbeiführen könnte, greift er fehl und zieht den Bauern zuerst nach c7 vor. Der tote Eckläufer freut sich über seine Wiederbelebung und kann jetzt munter auf der langen Diagonale entlang ziehen, während der König festgewurzelt auf c8 sich nie mehr bewegte. Mit dem Glück des Tüchtigen stand es nach viereinhalb Stunden dann 4:3 für uns.
Das größte Lob gilt jedoch Luca – obwohl er in der Eröffnung die Qualität eingepatzt hatte, gab er sich nie auf, klaute seinem Gegner im Endspiel einen Bauern nach dem anderen und gewann das Endspiel sehr souverän und erzielte so den Siegtreffer zum 5:3.
Insgesamt haben unsere Ersatzspieler damit 2,5/3 geholt – allerdings, wie man sehen konnte sehr glücklich. Dort hätte es durchaus auch drei Nullen geben können und dann geht der Kampf 2,5:5,5 gegen uns aus. In der Tabelle ist die 1. U20 damit mit zwei Auftaktsiegen aufgrund der Brettpunkte hinter der SG Solingen Zweiter. Am nächsten Spieltag im Januar kommt es dann in Solingen zum Spitzenkampf – danach sind wir wahrscheinlich um einiges schlauer, ob wieder die Qualifikation für die DVM erreicht werden kann!